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Rechtspolitischer Abend des LV Hessen im DAV e.V.

02. 06. 2022

Neuer hessischer Justizminister Prof. Dr. Roman Poseck freut sich auf Gestaltungsspielräume und einen engen Dialog mit der Anwaltschaft. Festredner Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier warnt vor Erosion des Rechtsstaats.

 

Nach zwei Jahren Abstinenz veranstaltete der Landesverband Hessen im Deutschen AnwaltVerein e.V. wieder einen rechtspolitischen Abend.

 

In den repräsentativen Räumen der Wiesbadener Casino Gesellschaft sprach als Festredner Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts a.D. zum Thema "Missbrauch des Rechts - Wird der Rechtsstaat ausgehöhlt".

 

Der tags zuvor neu ernannte hessische Staatsminister der Justiz, Prof. Dr. Roman Poseck folgte der Einladung, wie zuvor als früherer Präsident des Staatsgerichtshofs und OLG Frankfurt am Mainz zugesagt.

In ihrer Begrüßung bekundete die Erste Vorsitzende des Landesverbandes Hessen im Deutschen AnwaltVerein, Rechtsanwältin und Notarin Edda Steinmetz ihre Freude über die Ernennung eines ausgewiesenen Praktikers zum neuen hessischen Justizminister und sicherte ihm die kooperative Zusammenarbeit des hessischen Anwaltsverbandes zu. Neben dem hessischen Justizminister und Mitgliedern des Landtags freute sie sich über hochrangige Vertreter aus der Justiz und Anwaltschaft, wie den hessischen Generalstaatsanwalt Torsten Kunze, den Vizepräsidenten des DAV, Rechtsanwalt Martin Schafhausen, und den Vizepräsidenten der Notarkammer Kassel, Rechtsanwalt und Notar Jens Moldenhauer. Edda Steinmetz begrüßte  zudem Mitglieder der Wiesbadener Juristischen- und der Wiesbadener Casino-Gesellschaft.

 

In seinem Grußwort sicherte Prof. Dr. Roman Poseck einen engen Dialog mit der Anwaltschaft zu. Es gehe um ein "Miteinander" für das Recht. Er freue sich über Gestaltungsspielräume, die am Kabinettstisch größer seien. "Wir leben in einem starken und liberalen Rechtsstaat, aber auch in einer Zeit mit großen Herausforderungen und Krisen", zeichnete er die aktuelle Situation nach. Der Rechtsstaat habe sich bisher trotz aller Kritik bewährt. Er müsse nun fit gemacht werden für die Zukunft. Dies setze eine leistungsfähige Justiz voraus, die in die digitale Zukunft geführt werden müsse. Dabei bekannte er offen, dass dies nicht von heute auf morgen gehe. Weiterhin wolle er in seiner neuen Funktion für attraktive Arbeitsplätze in der Justiz sorgen, um im Wettbewerb um die besten Köpfe zu bestehen. Zu guter Letzt bekannte er: Deutschland habe einen Rechtsstaat um den viele in der Welt uns beneideten. Man solle die Debatte daran fördern, aber auch mit den richtigen Tönen, damit nicht am Ende diejenigen gestärkt werden, die den Rechtsstaat angreifen.

 

Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier zeigte in seiner nachfolgenden Festrede die Fehlentwicklungen auf, die seiner Meinung nach zu einer bedenklichen Erosion des Rechtsstaats führen können. Es gebe eine Diskrepanz zwischen geltendem Recht und dem, was in Deutschland und Europa praktiziert werde. Als Beispiele hierfür nannte er aus seiner Sicht die hektische Stilllegung der Kernkraftwerke, Zuwanderung unter Missachtung geltenden Rechts, die Beibehaltung des Solidaritätszuschlages und die von der Justiz vernachlässigte Clankriminalität. Auch die Corona-Pandemie hätte gezeigt, wie die im Grundgesetz verankerten Grundrechte "binnen Stunden" eingeschränkt wurden. Bedenklich sei zudem die Überregulierung. Mehr Gesetze bedeuteten nicht zwangsläufig mehr Recht und Gerechtigkeit. Er mahnte: Gehe die integrierende Kraft des Rechts verloren, sei eine Radikalisierung die Folge. Auch könne Rechtsbruch durch moralische Argumente nicht "geheiligt" werden.

 

Er warb für eine ausgewogene Balance zwischen Sicherheit und Freiheit, eine Rückbesinnung der Politik auf rechtsstaatliche Strukturen und weniger Normenflut.

 

In der anschließenden Diskussion wurde auf Fragen des hessischen Justizministers auch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Bundesnotbremse beleuchtet. Eine konstruktive Debatte für einen starken und lebendigen Rechtsstaat konnte danach noch bei einem geselligen Miteinander fortgesetzt werden.

 

 

 

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